Die wahren Kosten eines Six-Packs

Schlank und gesund reicht vielen schon lange nicht mehr. Ein Six-Pack muss es sein. Und das schon längst nicht nur bei den Herren. Auch die fitnessaffine Damenwelt begnügt sich nicht mehr alleine mit einem flachen Bauch.

Was du dafür tun musst ist klar: Du musst den „Fitness-Lifestyle“ leben. Trainieren und vor allem konsequent auf deine Ernährung achten.

Doch wäre es so einfach, dann würden viele, die ins Fitnessstudio gehen mit einem Waschbrettbauch durch die Gegend laufen. Anscheinend reicht der Protein-Smoothie und die Stunde auf dem Crosstrainer nicht.

Wie viel Aufwand musst du wirklich betreiben? Und lohnt es sich überhaupt? Was sind die wahren Kosten eines Six-Packs?

Ich bin im Urlaub, lese ein Buch und schlürfe eine Limo auf einer Sonnenliege am Pool. Neben mir unterhalten sich zwei Britinnen über ihr Aussehen.

Es mag zwar ein Vorurteil sein, aber Briten sind mir am Pool lieber als Amerikaner. Denn sie sind meist wesentlich leiser und weniger extrovertiert – so lange sie nichts getrunken haben. Trotzdem halten sie mich vom Lesen ab.

Dies liegt aber weniger an ihrer Art, als an ihr Gesprächsthema. Beide wünschen sich nämlich nichts sehnlicher als ein Six-Pack. Ich bin verwundert. Ist das nicht etwas, was sich vor allem junge Männer wünschen?

Der Urlaub ist mittlerweile schon einige Jahre her und seitdem ist aus dem beiläufig belauschten Gespräch anscheinend ein richtiger Trend geworden. Auf den Fitnesskanälen auf YouTube, als auch in Fitnesszeitschriften sind immer mehr Frauen zu sehen, die ihren Waschbrettbauch in die Kamera halten.

Über die Herren brauchen wir uns ja nicht unterhalten. Das Männer sich ein Six-Pack wünschen, ist ja nicht neu. Doch auch hier wundere ich mich, wie viele Six-Packs ich in letzter Zeit sehe. Oder lebe ich nur in einer Fitness-Filterblase?

Die 1%-Genetik

Six-Pack

Anscheinend ist es eine Filterblase. Aber wen wundert’s? Jeder, der einen Waschbrettbauch besitzt – egal ob weiblich oder männlich – scheint ja einen YouTube-Kanal zu haben. Oder zumindest einen Instagram-Account voller Selfies.

Vieles was ihr sehen ist natürlich Fake. „Instagram vs. Realität“ ist ja regelrecht zu einem Meme geworden. Selbst Bodybuilder haben nicht das ganze Jahr über ein Six-Pack. Die meisten hungern wochenlang vor dem Wettbewerb, bis sie das gewünschte Aussehen erreichen. Und dann werden einige hundert Fotos gemacht und über das Jahr nach und nach im Internet gepostet.

Was wir bei den vielen Bildern ganz vergessen: Nur wenige können überhaupt ein Six-Pack bekommen und noch weniger können es auch über das ganze Jahr halten.

Diejenigen, die es schaffen haben die 1%-Genetik. So nenne ich es jedenfalls.

Wenn man das alleine auf ganz Deutschland hochrechnet, dann sind es theoretisch immerhin 830,000 Menschen, die es schaffen könnten. Könnten, wohlgemerkt! Aber das sind eine Menge Leute. Wenn nur einige davon Lust haben einen Fitnesskanal auf YouTube zu betreiben – dann ist es kein Wunder, dass die sozialen Medien mit Waschbrettbäuchen überlaufen.

Das ändert aber trotzdem nichts an der Realität: Statistisch gesehen hast du höchstwahrscheinlich keine Chance das ganze Jahr über mit einem Waschbrettbauch durch die Gegend zu laufen.

Vom Waschbärbauch zum Waschbrettbauch?

Aber was wäre, wenn du es doch probierst? Was müsstest du alles anstellen, um das Six-Pack zu bekommen? Und dann zu halten?

Gehen wir mal von den bestmöglichen Voraussetzungen aus. Nämlich das du schon schlank bist. Wenn nicht, dann brauchen wir gar nicht weiterreden. Denn dann müsstest du erst einmal abspecken. Unter 15% Körperfett für die Herren und unter 20% für die Damen, so wird geschätzt.

„Abs are made in the kitchen“ heißt ja auch bekanntlich einer dieser Fitness-Sprüche. Doch das ist nur die halbe Arbeit.

Wenn du möchtest, dass deine Bauchmuskeln auch gut sichtbar sind, dann musst du sie auch aufbauen. Und da die Bauchmuskeln auch nur Muskeln sind, machst du das mit einem Muskelaufbautraining. Logisch.

Ob du dann aber trotz harter Arbeit zufrieden bist? Wahrscheinlich nicht. Denn eine Garantie auf ein Six-Pack gibt es selbst dann nicht.

Und auf ein besonders ästhetisches Six-Pack, wie du es auf dem Cover einer Fitnesszeitschrift siehst, schon gar nicht. Häufig sind die Bauchmuskeln nicht symmetrisch. Oder du hast nur ein „Four-Pack“ anstatt ein Six-Pack, also nur vier sichtbare Muskelstränge anstatt sechs.

„Mal eben“ zum Six-Pack?

Darüber hinaus unterschätzen viele Fitness-Enthusiasten den Aufwand, den sie betreiben müssten, um an das heiß ersehnte Six-Pack zu kommen.

Gerade wenn du mal etwas übergewichtig warst und dann durch Sport und Diät zu einer guten Figur kamst, denkst du vielleicht: „Jetzt mache ich so weiter bis zum Six-Pack!“

Reality-Check: So „einfach“ wie du es von über 30% Körperfett auf die 15% bis 20% geschafft hast, wird es nicht!

Der Aufwand und die Entbehrungen vergrößern sich quasi mit jedem Prozent Körperfett. Zumindest wenn du eine durchschnittliche Genetik besitzt. Die Verpflichtungen gegenüber deinem Fitness-Lifestyle erhöhen sich dramatisch.

Mit drei Workouts in der Woche und „ein bisschen auf die Ernährung achten“ ist es nicht getan.

Stress für einen Waschbrettbauch?

Du musst ein striktes Ernährungs- und Trainingsregiment einhalten. Dein Essen abwiegen und immer selbst kochen. Und wenn du trotzdem mal auswärts essen gehen willst, dann wird das zur Qual. Nicht nur für dich, sondern auch für den Koch. Partys, Geburtstage, ein Grillabend mit Freunden? Das ganze Sozialleben wird schwieriger.

Bist du Familienvater oder Mutter? Hast du einen anstrengenden Job? Oder bist du in der Schule oder Uni und musst viel lernen? Das wird alles verdammt schwierig unter einem Hut zu kriegen.

All dies bedeutet nicht nur Stress für dich, sondern begünstigt auch noch Ess- und andere Verhaltensstörungen.

„Aber Bla-bla (Name hier einsetzen) macht CrossFit und hat auch ein Six-Pack!“ Ja, aber Bla-bla hat wahrscheinlich nicht deine Genetik. Und sie/er ist Single oder hat eine Nanny. Oder nimmt direkt entsprechende illegale Mittel zu sich.

Und wenn du finanziell von deinem Six-Pack abhängig bist, weil du in der Fitness-Industrie dein Geld verdienst, wirst du fast alles für dein Aussehen tun. Schon alleine deshalb, weil dein Job davon abhängig ist.

Ein Waschbrettbauch ist kein Zeichen von Gesundheit

Nur weil jemand ein Six-Pack hat, ist sie oder er noch lange nicht gesund. Schau dir das gequälte Lächeln eines Bodybuilders bei einem Wettbewerb an. Die dort mit einem Six-Pack auf der Bühne stehen sind vollkommen dehydriert und erschöpft. Zudem haben sie zwar den Körper deiner Träume, aber das Sexleben einer Nonne. Da geht nichts mehr.

Ab einem gewissen Punkt gilt: Je weniger Körperfett du hast, desto ungesünder bist du!

Für Frauen ist es besonders schlimm. Bei dem Versuch ein Six-Pack zu bekommen verlieren viele ihre Periode. Das ist die Antwort des Körpers auf den ganzen Stress. Wenn der Körper ums Überleben kämpft, fährt er als Erstes alle Hormone zur Fortpflanzung herunter. Die werden jetzt nicht mehr benötigt.

An Reproduktion denkt der Körper zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr. Das gilt übrigens auch für Männer.

Um das noch weiter zu treiben könnte ich noch Haarausfall, schlechte Knochengesundheit und vieles mehr aufführen. Nein, neidisch bin ich wirklich nicht.

Fit ohne Stress

Solltest du an dieser Stelle noch weiterlesen und nicht zu einem anderen Blog übergegangen sein, der dir verspricht, dass du es in 8 Wochen garantiert zum Six-Pack schaffst, dann möchte ich mich erst einmal bedanken und etwas hoffnungsvoller werden:

Auch wenn nicht jeder ein Six-Pack haben kann, so ist es doch relativ einfach und stressfrei möglich, dass du zumindest verdammt sportlich aussiehst und nebenbei noch gesund bist.

Auch wenn dir die Genetik zum Six-Pack fehlt, ist ein One-Pack immer drin. Damit meine ich eine durchaus definierte und sexy Bauchgegend.

Mache nicht den Fehler und habe eine Schwarz/Weiß-Einstellung. Nach dem Motto: Wenn ich kein Six-Pack haben kann, dann trainiere ich jetzt gar nicht mehr.

Die Bauchmuskeln zu trainieren ist durchaus sinnvoll. Alleine für die Gesundheit. Der Core-Bereich wird ja nicht umsonst als unser „natürliches Korsett“ bezeichnet, das uns schützt.

Einfaches Training, einfache Ernährung

Auch wenn die meisten Leute den Aufwand für ein Six-Pack viel zu sehr unterschätzen, so überschätzen sie jedoch im Allgemeinen den Aufwand, der für einen gesunden, gutaussehenden Körper nötig ist.

Ein gesunder und gutaussehender Körper hat weniger mit Entbehrungen, als mit Gewohnheiten zu tun.

Du brauchst nicht stundenlang auf dem Crosstrainer watscheln. Dein Körper wird sich eh daran gewöhnen und du musst dann immer mehr machen, um die gleichen Resultate zu erreichen. Das macht die Dinge nur noch komplizierter und wird dich noch mehr stressen.

Dein Trainingsprogramm sollte dich nicht vollkommen erschöpfen, so dass dein Alltag darunter leidet. Du brauchst eigentlich noch nicht einmal ein Fitnessstudio, wenn du fit werden und gut aussehen willst. Ein Training mit dem eigenen Körpergewicht reicht vollkommen aus.

Darüber hinaus musst du nicht Ernährungswissenschaften studiert haben, um dich gesund zu ernähren. Du musst nicht jede Kalorie zählen, die durch deinen Körper geht. Das funktioniert alleine deshalb schon nicht, weil eine fehlerfreie Berechnung nicht möglich ist.

Kalorien-Apps werden so gerne benutzt, weil sie dir die Illusion der Kontrolle über deinen Körper geben. Mehr nicht.

Du musst auch nicht auf Kohlenhydrate verzichten. Und schon gar keine ketogene Diät beginnen.

Wenn du bei vollwertiger Ernährung bleibst, und deinem Körper auch genügend Zeit gibst sich daran zu gewöhnen, dann wird er sich dafür bei dir bedanken. Ganz ohne App und Kohlenhydratverzicht.

Fazit

Ein Six-Pack aus verschiedenen Gründen kein gutes Fitness-Ziel. Zum einen hast du mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht die Genetik dafür, um das ganze Jahr hindurch einen Waschbrettbauch zu haben.

Außerdem sind die Opfer, die du für einen kurzzeitigen Waschbrettbauch aufbringen musst viel zu groß, wenn du nicht die 1%-Genetik hast. Zudem können sie zu langfristigen, gesundheitlichen Problemen führen.

Die beste Empfehlung die ich daher geben kann ist die: Vergiss erst einmal das Six-Pack, konzentriere dich auf das Training und verkompliziere die Dinge nicht.

Frage dich nicht, ob du irgendwann mal ein Six-Pack haben wirst, sondern mache einfach dein Ding. Konzentriere dich darauf was du heute und jetzt für deine Fitness tun kannst.

Irgendwann wirst du mit einem gesunden, gutaussehenden Körper belohnt.

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