4 Gründe, warum du IN deiner Komfortzone bleiben solltest

Wir leben in verrückten Zeiten.

Einerseits sollst du es langsam angehen lassen und auf deinen Körper hören. Wie viele Meditations- und Atem-Apps gibt es mittlerweile? Bestimmt hunderte.

Andererseits wird dir genau das Gegenteil gepriesen: Du sollst deine Komfortzone verlassen.

Denn wenn du wirklich etwas im Leben erreichen willst, dann geht das angeblich nur außerhalb der Komfortzone. Immer höher, schneller, weiter. Das gilt auch für deine eigene Fitness.

Dabei musst du gar nicht ständig neue persönliche Rekorde erreichen und dich quälen bis du vollkommen erschöpft bist, wenn du deine Fitness steigern möchtest. Wenn du gerne deine Grenzen austesten willst, dann bitte sehr. Aber mit Fitness hat das wenig zu tun.

Hier sind stattdessen 4 Gründe, warum du lieber in deiner Komfortzone bleiben solltest, wenn du fit werden oder bleiben möchtest. Denn die „beste Version deiner Selbst“ (wie es in den Selbsthilfebüchern immer heißt) liegt nicht außerhalb deiner Komfortzone, sondern mittendrin.

Nur weil du in deiner Komfortzone trainierst, bedeutet dies nicht, dass du nicht fitter wirst. Das du auf dem Fitnesslevel verharrst, auf dem du dich gerade befindest. Eher im Gegenteil. Die Komfortzone ist der Ort, den dein Körper kennt. 

Nur innerhalb der Komfortzone kann er dich sicher navigieren und dir sagen, ob dein Training wirksam war, oder nicht. 

Wenn du dich zu schnell und zu weit aus der Komfortzone herauswagst, dann wirst du nicht fitter, sondern verletzungsanfälliger, gestresster und schließlich krank. 

Wenn du ein paar Mal in der Woche fünf Kilometer läufst, dann aber deinem Körper plötzlich einen Halbmarathon zumutest, wird er dich nicht mit mehr Fitness belohnen. Er wird sich mit Muskelkater, Erschöpfung, Infektanfälligkeit und verlangsamter Regeneration bedanken. 

Wenn du eher der Couchpotato bist, jedoch auf einmal deinen Körper mit hochintensiven Intervalltraining an seine Grenzen treibst, dann bringt das rein gar nichts für deine Fitness. 

Bloß weil du am Ende des Trainings total erschöpft bist, bist du nicht fitter geworden. Es gibt keine eiserne Fitnessregel, die besagt, dass Training bis zur Erschöpfung mit mehr Muskeln, Ausdauer, oder Gesundheit einhergeht. Es brennt dich nur aus.

Nur innerhalb der Komfortzone kann dir dein Körper ein angemessenes Feedback geben. Nur hier kann er dir sagen, ob dein Training richtig war. Ob du einen trainingswirksamen Reiz gesetzt hast. 

Schmerzen die Sehnen und Bänder, hast du starken Muskelkater, bist du vollkommen erschöpft und müde? Das sind Anzeichen dafür, dass dir dein Körper sagen will, dass du dich zu weit aus der Komfortzone heraus bewegt hast.

Dein Fitnesstraining muss eine bestimmte Intensitätsschwelle erreichen, das ist klar. Wenn du nur ab und zu beim Netflix-Marathon aufstehst, um aufs Klo oder zum Kühlschrank zu gehen, hast du nichts für deine Fitness getan. Der Muskel sollte brennen, wenn du Krafttraining betreibst. Im Ausdauertraining gibt es einen bestimmten Pulsbereich, der dich weiterbringt. 

Aber du willst den optimalen Trainingsreiz setzen, nicht den stärksten. Den optimalen Trainingsreiz findest du aber nicht da, wo es besonders schmerzt. Er ist innerhalb deiner Komfortzone zu suchen.

Grund 2: Außerhalb der Komfortzone ist nicht dein Potenzial

Ein Grund, warum wir ständig aus der Komfortzone ausbrechen wollen liegt darin begründet, dass wir wünschen unser „volles Potenzial“ zu erreichen: „Du musst dein Potenzial voll ausschöpfen“, sagen die Selbsthilfe-Gurus. Und das geht nur, wenn du über deinen eigenen Schatten springst.

Was, wenn du merkst, dass dein Potenzial gar nicht so groß war, wie du dachtest? Wie fühlst du dich dann? 

Wenn du die Muskeln nicht bekommst, die du dir erhofft hast, weil deine Genetik einfach eine andere ist, als die eines Bodybuilders? Wenn du nicht so schlank wirst, wie du es dir eigentlich gewünscht hattest, weil dein Körper andere Pläne für dich hat?

„Aber ich kann ja mal versuchen mein Potenzial zu erreichen“, magst du entgegnen. Weißt du aber, wann du dein Potenzial endlich erreicht hast? Wann du die beste Version deiner selbst geworden bist? 

Dieser Prozess der Selbstoptimierung ist bodenlos, du wirst nie ans Ziel kommen. Es ist einfach kein fest definiertes Ziel, denn du bist nie „perfekt“ genug. Dein Potenzial ist nie ausgeschöpft, du wirst immer glauben, dass du fitter, „gesünder“, schlanker, muskulöser oder sonst was sein kannst. Ein Hamsterrad, das du nicht anhalten kannst. 

Die Idee, dass wir unablässig unser Potenzial verwirklichen müssen ist Teil unserer Kultur geworden. Nur wenn du gnadenlos an dir arbeitest, kann aus dir was werden. Immer weiter aus der Komfortzone heraus. Mehr arbeiten, mehr Geld verdienen, gesünder essen, mehr Sport, mehr Fitness. 

Aber jenseits der Komfortzone wirst du nicht glücklicher. Dort wartet nicht der definitive Traumkörper auf dich, die ultimative Fitness, oder die Unsterblichkeit. Nur Burnout und Unzufriedenheit. 

Zwei Wörter, die alle vermeiden, die nach dem vollen Potenzial suchen, sind Pragmatismus und Realismus. Beides brauchst du aber, wenn du wirklich fitter werden willst. 

Ein pragmatisches, realistisches Training und eine pragmatische, realistische Ernährung findest du nur innerhalb deiner Komfortzone. Warum? 

Weil du Beständigkeit brauchst, um deine Fitness zu verbessern. Sowohl in deiner Ernährung, als auch im Training. Beständigkeit ist aber so ziemlich die Definition der Komfortzone. Nur dort kannst du stetig handeln.

Grund 3: Du kannst deine Persönlichkeit nicht ändern

Du kannst deine Persönlichkeit nicht ändern

Viele Leute glauben sie müssten sich verändern, um glücklich zu sein. Sie müssten aus ihrer eigenen Komfortzone heraus, um zu werden, die sie eigentlich nicht sind. Selbsthilfebücher machen damit ihre Umsätze. Und der Selbsthilfemarkt boomt.

Wenn du introvertiert bist, sollst du extrovertiert werden, damit du gerne mit fremden Menschen auf Partys sprichst. Wenn du extrovertiert bist, dann sollst du introvertiert werden, damit du endlich mehr Bücher liest und weniger auf Social-Media-Seiten surfst. 

Egal wie du bist, du bist immer falsch. Das ist gut fürs Geschäft, denn du suchst immer weiter und bist nie zufrieden. 

Dieses defizitäre Denken über die eigene Persönlichkeit ist nicht nur fürs Portemonnaie schädlich, sondern auch für dich. Es ist so ziemlich das Gegenteil von Selbstverwirklichung, es ist eine Fremdverwirklichung. 

Werde, der du bist“ heißt es in einem Vers des griechischen Odendichters Pindar (5. Jahrhundert v. Chr.), den Nietzsche gerne klaute. Und eben nicht: „Werde, der du nicht bist“. (Wie so oft, waren die alten Griechen schlauer als wir heute.)

So wie uns die Fitness-Industrie glauben lässt, wir könnten unseren Körper formen wie wir wollen, so wollen uns die Selbsthilfebücher glauben lassen, dass wir unsere Persönlichkeit so ändern könnten, wie wir es gerade brauchen. 

Aber die Psychologie weiß schon lange, dass deine Persönlichkeit über das Leben hinweg relativ stabil bleibt. Sie ändert sich höchstens graduell. Und bestimmt nicht dadurch, dass du ein schlechtes Buch liest. 

Deine eigene Natur zu verleugnen führt nur zu Stress. Und ständiger Stress führt zu Entzündungen im Körper – Auslöser für so ziemlich alle Zivilisationskrankheiten. 

Anhaltender Stress ist daher im Grunde das Gegenteil von Fitness. 

Wenn du also glaubst, du müsstest ständig gegen deine eigene Persönlichkeit arbeiten, um aus der eigenen Komfortzone auszubrechen, dann bist du alles andere als fit. 

Du bist nicht „falsch“, so wie du bist. Anstatt also gegen dich selbst zu arbeiten, in der Hoffnung, dass du dann glücklicher wirst, solltest dich lieber in Selbstakzeptanz üben. 

Sich selbst anzuerkennen ist ein erster, wichtiger Schritt (nicht nur) zur Fitness. Egal, ob du abnehmen oder Muskeln aufbauen willst. Oder einfach gesund und fit bleiben möchtest.

Grund 4: Brich nicht aus der Komfortzone aus, sondern erweitere sie (langsam)

Gewiss macht es Spaß ab und an aus der eigenen Komfortzone auszubrechen, etwas Neues zu wagen und die eigenen Grenzen auszutesten. Endlich mal so richtig ins Schwitzen kommen und sich auspowern: Das kann auch befreiend sein und Stress lösen.

Aber nur kurz, dann sollten wir wieder zurück zur Normalität. Und das hat seinen Grund. Denn dauerhaft die Grenzen unserer Komfortzone verschieben – das können wir nur aus der Komfortzone selbst heraus.

Denn die Komfortzone ist der Ort an dem du dich auskennst. Innerhalb deiner Komfortzone fühlst du dich wohl. Außerhalb liegt unbekanntes Territorium. 

Welcher der beiden Orte ist wohl der bessere Nährboden für Wachstum? Der Ort des Unbehagens, oder der Ort der Sicherheit?

Wir erwarten von unseren Kindern auch nicht, dass sie direkt hinaus in die Welt ziehen. Sie bleiben zuerst im eigenen „Nest“ und wir entlassen sie dann Stück für Stück in die Selbständigkeit. Sie brechen nicht aus der Komfortzone aus, sie erweitern sie langsam. 

Auch als Erwachsene sollten wir versuchen unsere Komfortzone langsam zu erweitern, anstatt aus ihr auszubrechen. 

Es ist ein großer Irrglaube, dass Wachstum nur außerhalb deiner Komfortzone stattfindet. Du kannst die Grenzen deiner eigenen Komfortzone von innen heraus verschieben. Wie bei so vielen anderen Dingen auch, brauchst du dafür eine gute Eigenwahrnehmung und Selbstwirksamkeit.

Unter Selbstwirksamkeit versteht die Psychologie die Überzeugung einer Person, Schwierigkeiten und Herausforderungen selbst meistern zu können. Selbstwirksame Personen sind resilienter, schaffen es eher gesund zu leben und schädliche Verhaltensweisen abzulegen.

Selbstwirksamkeit wächst, wenn du den Erfolg deines Handeln siehst. Wenn du nach deinen Stärken handelst. Deine Stärken und Erfolge liegen aber innerhalb deiner Komfortzone, nicht außerhalb. Mit anderen Worten: 

Die Überzeugung und damit Möglichkeit deine Komfortzone zu erweitern liegt im Handeln innerhalb deiner eigenen Komfortzone.

Was bedeutet das für deine Fitness? 

  • Trainiere so, dass du kleine Erfolge siehst. Das kannst du machen, indem du dein Mittelmaß schlägst (hier steht mehr darüber), ohne das du ständig neue Rekorde aufstellen musst. So bleibst du in deiner Komfortzone und erweiterst sie ständig. 
  • Sei beständig in deinem Handeln. Es bringt wenig ab und zu an die eigenen Grenzen zu gehen, wenn du keine Fitnessroutine hast, die innerhalb deiner Komfortzone liegt. 
  • Stärke deine Eigenwahrnehmung, auch im Training und bei der Ernährung. Vertiefe deine Körperwahrnehmung, stelle ein gutes Körperbewusstsein her. Spüre deine Muskeln, schmecke das Essen. Klingt kitschig? Mag sein, es ist aber die unverzichtbare Voraussetzung für richtige Fitness.
  • Kenne die Anzeichen, die ein gutes Workout ausmachen (hier findest du sie)

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