Mit Fitnesstraining kannst du gesund bleiben, deine Muskelmasse erhalten oder sogar aufbauen und einfach gut aussehen. Bist du fit, fühlst du dich besser.
Das geht natürlich auch, wenn du 50 Lebensjährchen überschritten hast.
Eigentlich wird es gerade ab 50 richtig wichtig fit zu bleiben. Denn wer rechtzeitig auf das „Fitnesskonto“ einzahlt, kann später, im fortgeschrittenen Alter, davon profitieren und die Lebensqualität erhalten.
Und außerdem – geben wir es ruhig zu – ein „Beach-Body“ mit über 50 ist eine feine Sache. Auch wenn es nicht mehr das vorrangige Fitnessziel sein mag.
Doch leider wird die Fitness-Szene noch immer von „Jungspunden“ dominiert. Und deren Training können wir nicht einfach nachahmen.
Zum einen liegt das natürlich an den biologischen Alterungsprozessen mit denen wir uns langsam aber sicher anfreunden müssen. Ob wir wollen oder nicht.
Zum anderen aber auch an die unterschiedlichen Zielsetzungen. Wollen junge Sportler doch meist Wettkampf, Muskelzuwachs und Stärke um jeden Preis, ist mit über 50 eher ein fitter, belastbarer Körper das oberste Ziel.
Was gibt es bei einem Training über 50 zu beachten? Hier sind ein paar Ratschläge, damit du auch jenseits der 50 das Beste für dich aus dem Training herausholen kannst.
Inhalt
Gute Gründe für ein Fitnesstraining jenseits der 50
Wenn du diesen Beitrag liest, gehe ich davon aus, dass du schon Interesse an Fitness hast. Ich muss dich wahrscheinlich nicht erst zum Training überreden.
Trotzdem kann es ab und zu auch gut sein, sich vor Augen zu führen, warum man trainiert.
Statistisch ist es nämlich so, dass der Anteil der sporttreibenden Bevölkerung mit dem Alter abnimmt. Wenn du über 50 bist, ist es also gut möglich, dass dein Freundeskreis eher aus Bewegungsmuffeln besteht.
Das ist weiterhin nicht schlimm – soll doch jeder sein eigenes Ding machen. Aber es kann dir ein wenig die Motivation rauben, wenn du als einzige(r) in deinem sozialen Umfeld versuchst dich fit zu halten.
Damit du dich also nicht unterkriegen lässt und weißt wofür du trainierst, hier drei gute Gründe, warum ein Training ab 50 mehr als sinnvoll ist:
1. Mit Krafttraining legst du die Fitnessgrundlage fürs Alter
Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass du gerade mit Krafttraining deine Lebensqualität bis ins hohe Alter erhalten kannst.
Während die 40er Jahre noch wunderbar dazu dienen können Muskeln aufzubauen (viele Bodybuilder erreichen mit Anfang 40 ihre Spitzenleistung), geht es leider in den darauf folgenden Jahrzehnten langsam aber sicher abwärts.
„Wer rastet, der rostet“ ist eine alte Weisheit. Gerade bei über 60jährigen, die nicht für den Erhalt ihrer Muskulatur sorgen, verfällt diese allmählich.
Sarkopenie, der Muskel- und Kraftschwund im Alter, erreicht bis zu 50% der 80jährigen und ist der Hauptgrund für eine allgemeine „Gebrechlichkeit“ und dessen Folgen, wie z. B. schwere Stürze, Immobilität und der dadurch resultierende Verlust der Selbständigkeit.
Wer seine Lebensqualität im hohen Alter erhalten will, der sollte schon rechtzeitig anfangen. 50+ ist dafür ein guter Zeitpunkt. So lassen sich die Grundsteine für ein hoffentlich langes, unabhängiges Leben legen.
2. Fitness macht attraktiv – erst recht über 50
Es ja nicht so, dass wir mit 50 Jahren auf einmal unsere gesunde Eitelkeit an den Nagel hängen. Und es spricht nichts dagegen, auch über 50 noch attraktiv aussehen zu wollen. Denn ein trainierter Körper ist einfach attraktiver.
Mit 20 oder 30 gut aussehen ist einfach. Denn in diesem Alter verzeiht der Körper viel. Selbst Couchpotatoes mit Hang zum Fast-Food können mit Mitte 30 noch eine gute Figur machen.
Aber sind erst einmal die schlechten Gewohnheiten über einige Jahrzehnte eingeschliffen, dann wird es schwieriger. Es kommen vielleicht noch stressige Jobs, Kinder und Ehepartner hinzu – und schwupps ist es aus mit der Traumfigur.
Da muss ich noch nicht einmal die großen Keulen, wie chronische Krankheiten und Hormonprobleme herausholen.
Mit Fitness fühlst du dich nicht nur besser – sondern du siehst auch besser aus. Krafttraining kann dir dabei helfen Fett ab- und Muskeln aufzubauen. Und ein „straffer“ Körper ist einfach schön anzusehen.
Ausdauertraining kann sogar den Alterungsprozess verlangsamen, indem es die Vitalität der Zellen aufrecht erhält. Das biologische Alter wird so gesenkt. Und ja, das siehst du auch im Spiegel.
Sogar wer über 50 erst mit dem Sport beginnt profitiert davon. Die Ausrede „jetzt ist es eh zu spät“ gilt also nicht!
3. Fitness hält gesund
Das sollte dich nicht überraschen: Fitness ist gut für deine Gesundheit. Es stärkt das Immunsystem, die Herzfunktionen verbessern sich, die Kraft bleibt erhalten. Du kannst alle Alltagsherausforderungen bestens meistern, wenn du gesund und fit bist.
Selbst der Kopf ist besser in Form. Denn das Training verbessert die koordinativen Fähigkeiten, die schon bei heutigen 20jährigen nur unzureichend vorhanden sind. Außerdem hat es eine positive mentale Wirkung, fördert den Schlaf usw. Die Liste ist schier endlos.
Seit einigen Jahren weiß man, dass Bewegung an sich schon eine positive Wirkung hat. Bewegst du dich, so schütten die Muskeln Botenstoffe aus, die Entzündungen regulieren. Und Entzündungen im Körper sind der schleichende Beginn aller westlichen Zivilisationserkrankungen.
Von Stoffwechsel- bis zu Herz-Kreislauferkrankungen: Alles findet seinen Anfang in Entzündungen. Wer sich jedoch genügend bewegt, der kann diesen Entzündungen entgegenwirken. Daher ist Bewegungsmangel die Quelle allen Übels.
Vor allem wer mit 50 schon einige Jahrzehnte lang beruflich an dem Schreibtisch „gefesselt“ wurde braucht Bewegung. Mit Fitnesstraining kannst du einen Ausgleich schaffen.
Tipps für das Training über 50
Wie du siehst, gibt es gute Gründe auch über 50 Sport zu treiben.
Wenn du effektiv fit werden möchtest, dann machst du beides: Kraft- und Ausdauertraining. Beides zusammen entfaltet eine synergistische Wirkung.
Solltest du über 50 sein und noch keinen Sport treiben, dann hole dir vorher vom Arzt das okay ab. Ich weiß, dies ist schnell gesagt und schnell überlesen – aber es ist wichtig. Es reicht z. B. nur ein unerkannter Bluthochdruck und es kann allerlei Probleme geben. Also: Zuerst einmal durchchecken lassen!
Wenn du Anfänger bist, dann gehe das Training langsam an. Es dauert ein paar Monate, bis sich der Körper an die neue Herausforderung gewöhnt hat. Solltest du Schmerzen haben oder dich unwohl fühlen, dann breche das Training ab.
Am Anfang kann es natürlich zu Muskelkater kommen. Solltest du aber nach ein paar Wochen merken, dass du noch immer Muskelkater hast, dann trainierst du entweder zu wenig (so kann sich der Körper nicht an die Belastung gewöhnen), oder zu intensiv.
Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist Muskelkater nicht unbedingt ein Zeichen für ein gutes Workout. Woran du stattdessen ein gutes Workout erkennst, kannst du hier nachlesen.
Hier nun einige Ratschläge für das Kraft- und Ausdauertraining über 50.
Krafttraining über 50
1. Aufwärmen ist Pflicht
Über 50 bist du langsam im „knackigen Alter“. Vielleicht hast du schon bemerkt, dass sich das Knacken verringert, wenn du aufgewärmt bist. Insgesamt werden deine Bewegungen durch das Aufwärmen geschmeidiger, deine Mobilität verbessert sich und du kannst die Krafttrainingsübungen besser ausführen.
Das liegt einerseits an der guten Durchblutung der Muskulatur, aber auch an der Versorgung der Gelenke mit Synovialflüssigkeit, der „Gelenkschmiere“. Deine Gelenke werden dadurch belastbarer und sind geschützt.
Dein gesamter Bewegungsapparat (die Sehnen, Bänder und Gelenke) ist weniger anfällig, wenn du gut aufgewärmt bist. Das wirkt Sehnen-, Bänder- und Muskelfaserrisse entgegen.
Und je älter wir sind, desto länger brauchen wir, um uns von solchen Verletzungen zu erholen. Vorbeugung sollte daher an erster Stelle stehen. Aufwärmen ist Pflicht.
Sogar die Leistungsbereitschaft erhöht sich durch das Aufwärmen. Das kannst du auch selbst spüren. Vielleicht hattest du schon einmal überhaupt keine Lust auf das Training, aber nachdem du dich trotzdem dazu durchgerungen und aufgewärmt hast, macht das Training doch Spaß.
Unser Gehirn benötigt eben eine Weile, um sich auf neue Tätigkeiten einzustellen. Das Aufwärmen sagt dem Hirn, dass es jetzt gleich losgeht. Es macht sich bereit für körperliche Leistung.
Dazu zählt beispielsweise auch eine gesteigerte koordinative Fähigkeit und das bessere Ansprechen der Zielmuskulatur. Du kannst mit deinen Muskeln besser „kommunizieren“, wenn du aufgewärmt bist. Ein wesentlicher Faktor für effektives Krafttraining.
Wie solltest du dich aufwärmen?
Mache es auf jeden Fall nicht zu kompliziert oder zu langwierig. Du möchtest zunächst deine Körperkerntemperatur erhöhen und deine Mobilität herstellen. Das geht am besten mit einfachen, dynamischen Gelenkbewegungen:
- kreise deine Handgelenke
- bewege dann deine Ellbogen
- mache Armschwünge, vorwärts und rückwärts
- kreise deine Hüfte
- schwinge deine Beine vor und zurück, sowie zur Seite
- gehe ein paar Mal in die Hocke usw.
Danach wärmst du dich spezifisch auf. Wenn du zu Hause bist und die Brust- und Schultermuskulatur trainieren möchtest, startest du beispielsweise mit leichten Liegestützen an der Wand, oder auf Hüfthöhe. Trainierst du im Fitnessstudio an Maschinen beginnst du zunächst mit einem leichten Trainingsgewicht.
2. Vergleiche dich nicht mit anderen
Wir sind alle soziale Wesen und vergleichen uns ständig mit anderen. Gerade wenn wir jung sind gehört das zum Erwachsenwerden dazu. Aber irgendwann sollten wir damit aufhören. Das ist besser für unsere Psyche – und kann im Krafttraining auch schnell zu Verletzungen führen.
Es sollte dir vollkommen egal sein, wie viel der 20jährige neben dir auf der Hantelbank stemmt. Oder wie gut gebaut die 30jährige ist. Mache dein Ding. Was zählt bist du.
Soziale Vergleiche führen grundsätzlich zur Frustration. Und wenn du über 50 bist und versuchst mit denen mitzuhalten, die noch grün hinter den Ohren sind, kann das gut gehen – muss es aber nicht.
Du hast eh andere Ziele. Und keiner kennt deine Ziele so genau wie du. Was kümmert dich was die anderen machen?
3. „Vergeistige“ das Training
Wenn du den ersten Punkt beachtest und beim Krafttraining aufgewärmt bist, dann hat sich dein Hirn auf körperliche Leistung eingestellt.
Nutze die Chance und bleibe nun fokussiert:
- achte darauf, wie du die Übungen ausführst.
- spüre dich in deinem Körper hinein und merke welche Muskeln bei welcher Bewegung kontrahieren.
- spanne die Zielmuskulatur willentlich an
- merke, wann deine Muskeln ermüden
Je mehr du auf diese Dinge achtest, desto weniger kompliziert müssen die Übungen sein, wenn du mit dem eigenen Körpergewicht arbeitest. Und desto weniger Trainingsgewichte benötigst du, um den gewünschten Trainingseffekt zu erzielen, wenn du an Maschinen oder Hanteln trainierst.
Warum ist das wichtig? Weil du so viel effektiver trainierst und deine Fitnessziele viel besser erreichen kannst. Trainierst du mit einfachen Übungen oder wenig Trainingsgewicht kannst du auch deine Regenerationszeit verkürzen.
Letzteres ist besonders wichtig bei einem Training über 50. Denn je älter wir werden, desto länger brauchen wir zur Regeneration.
4. Achte auf deine Atmung
Eigentlich ist die Sache mit der Atmung einfach: Wenn’s anstregend wird, solltest du ausatmen. Überwindest du den Widerstand atmest du aus. Bei der negativen Bewegung atmest du ein.
Doch leider neigen wir unbewusst dazu, dass wir bei starker Anstrengung unsere Luft anhalten.
Dieses sog. Valsalva-Manöver lässt sich zum Beispiel bei Gewichthebern beobachten. Im Profisport macht es Sinn, denn der Körper wird durch die angehaltene Luft stabilisiert. Aber du siehst auch, wie auf einmal der Kopf des Athleten hochrot anschwillt: Der Blutdruck schießt plötzlich nach oben.
Die Luft im Krafttraining anzuhalten kann zu sehr hohen Blutdruckspitzen führen. Je älter wir sind, desto gefährlicher wird so eine Aktion.
Beobachte daher genau, wie du während des Krafttrainings atmest. Versuche nie die Luft anzuhalten, wenn du einen Widerstand überwindest. Schlimmstenfalls kann dies bis zum Schlaganfall führen.
5. Trainiere deinen ganzen Körper in einer Trainingseinheit
Du kennst vielleicht die typischen Split-Programme aus dem Bodybuilding. Dort wird der gesamte Körper nicht in einer Trainingseinheit trainiert, sondern auf verschiedene Trainingseinheiten aufgeteilt.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten so ein Split-Training auszuführen. Du könntest an einem Tag den Oberkörper trainieren und am anderen Tag den Unterkörper. Oder am Montag die Brust, am Dienstag die Beine, am Mittwoch den Rücken usw.
Je mehr du die Muskelgruppen auf verschiedene Trainingseinheiten aufteilst, desto intensiver kannst du diese trainieren. Vier bis fünf Übungen für die Brust, Schulter oder Beinmuskulatur alleine stellen kein Problem mehr da.
So ein Split-Programm hat aber nicht nur Vor-, sondern auch Nachteile. Je nach Split-Programm müsstest fast täglich trainieren. Verpasst du eine Trainingseinheit, hinkst du mit deinem Training sofort hinterher. Du kannst die Trainingseinheit nicht mal eben nachholen.
Ein Split-Training erfordert von dir Disziplin und Regelmäßigkeit. Im Profisport kein Problem, aber im „echten Leben“ kommt garantiert früher oder später etwas dazwischen.
Bist du über 50 kommt noch ein weiter Nachteil hinzu: Je älter wir werden, desto länger braucht der Körper, um sich von einer körperlichen Belastung zu erholen. Split-Training führt schnell zu einem systemischen Übertraining.
Auch wenn du gestern „nur“ die Brust trainiert hast, wirst du merken, dass es schwer ist heute „nur“ die Beine zu trainieren. Der Körper ist durch das Training insgesamt erschöpft – nicht nur die einzelne Muskelgruppe.
Sollte die Belastung für die Muskelgruppe außerdem sehr intensiv sein – wie es im Split-Training der Fall ist – braucht sie viel länger, um sich zu erholen.
Es macht daher mehr Sinn direkt den ganzen Körper in einer Trainingseinheit zu trainieren – dafür aber weniger intensiv. Es reicht eine Übung pro Muskelgruppe.
Trainierst du fokussiert und achtest auf deine Körpersignale, reicht dies vollkommen aus. Und solltest du mal ein Training verpassen, ist dies auch nicht so schlimm.
Wenn du so zwei- bis drei Mal pro Woche den ganzen Körper trainierst, hast du genügend Regenerationszeit.
6. Überfordere und unterfordere dich nicht
Gönn’ deinem Ego lieber eine Pause, wenn du Sport machst. Du musst dich nicht mit anderen vergleichen und neue Rekorde aufstellen. Jetzt mit 50+ geht es darum effektiv und für dich selbst zu trainieren.
Wenn du bis jetzt keinen Handstand gelernt hast, gibt es keinen Grund nun unbedingt einen zu lernen, nur um fit zu werden (es sei denn du willst es und dein Arzt gibt dir das okay dafür).
Du musst auch keine besonders schweren Gewichte bewegen, weil dir das irgendein komisches Trainingsprogramm vorschreibt. Ständiges Krafttraining ist auch nicht nötig, wie du oben gesehen hast.
Mit anderen Worten: Übertreibe es nicht! Du musst dich nicht überfordern und in einer Pfütze des eigenen Schweißes liegen, damit du über 50 fit wirst.
Doch das Gegenteil stimmt auch: Einfach mal so die Bewegungen durchexerzieren – ganz ohne sich anzustrengen – das geht leider auch nicht. So wirst du nie fit. Und Veränderungen am Körper wirst du auch nicht sehen.
Etwas Anstrengung gehört schon dazu. Die Muskeln müssen brennen, die letzte Wiederholung sollte schon ziemlich schwer sein, damit die Sache etwas bringt.
Wenn du das Training aber „vergeistigst“, wie weiter oben beschrieben, dann wird dir dein Körper genau sagen können, wann du zu viel oder zu wenig machst. Lies diesen Artikel, wenn du nicht weißt, woran du erkennst, ob dein Workout „etwas gebracht“ hat, oder nicht.
Habe einfach Vertrauen und höre auf deinen Körper. Er ist schlauer, als du glaubst.
Ausdauertraining über 50
1. Jede Bewegung zählt!
Es hält sich noch immer das Gerücht, dass Bewegung nichts bringt, wenn sie nicht schweißtreibend ist. Doch das stimmt so nicht. Die positive Nachricht lautet: Jede Bewegung zählt.
Wie du weiter oben gelesen hast, hat schon Bewegung an sich eine positive Auswirkung auf den Körper. Vor einigen Jahren wurden Botenstoffe entdeckt, die eine hormonähnliche Struktur haben und bei Muskelaktivität ausgeschüttet werden.
Die sogenannten Myokine stoßen eine Vielzahl von körpereigenen Aktivitäten an, die entzündungshemmend wirken und sogar am Fettabbau beteiligt sind.
Du musst also nicht direkt Triathlet sein, um von den Myokinen zu profitieren. Wenn du also eigentlich nicht der Typ für schweißtreibenden Ausdauersport bist, macht das nichts.
Klar, wäre es für deine Fitness gut, wenn du deinen Puls ab und zu für einen längeren Zeitraum auf Touren bringen würdest – aber selbst ausgedehnte Spaziergänge haben einen positiven Effekt.
Wie leben in einer Gesellschaft, die so vom Leistungsgedanken geprägt ist, dass wir nicht glauben wollen, dass schnödes Gehen eine positive Wirkung auf uns haben kann. Dabei ist gerade das Gehen eine einfache Art sich fit zu halten – bis ins hohe Alter.
Der irische Neurowissenschaftler Shane O’Mara schreibt in seinem lesenswerten Buch „Das Glück des Gehens“, dass unsere Gehirne für Bewegung geschaffen wurden. Willst du fit im Kopf bleiben, ist Bewegung angesagt.
Zügige Spaziergänge sind also ein probates Mittel die Fitness bis ins hohe Alter zu erhalten. Und mit 50+ sollte es uns darum gehen, den Grundstein dafür zu legen.
2. Suche dir Ausdauersportarten aus, die du magst
Wenn du kein Fan des Laufsports bist, dann musst du dich nicht unbedingt dazu quälen, nur weil du mit 50+ fit sein möchtest.
Suche dir lieber andere Sportarten, die dich mehr interessieren. Schwimmen, Radfahren, Crosstrainer, Rudermaschine: Es gibt viele Möglichkeiten den Puls in die Höhe zu treiben.
Denke immer daran: Wenn du die 50 überschritten hast, legst du die Fitness-Grundlage für dein Alter. Du möchtest dir also eine Ausdauersportart aussuchen, die dir Spaß macht und die du noch lange, regelmäßig betreiben kannst.
Weder eine neue Extremsportart, noch Surfen ist eine gute Idee, wenn du keine Wellen in der Nähe hast. Keep it simple.
Ich bin selbst auch kein begnadeter, schneller Läufer – trotz meiner „Läuferstatur“. Stattdessen habe ich das „Slow-Jogging“ für mich entdeckt.
Das von dem japanischen Sportwissenschaftler Hiroaki Tanaka popularisierte langsame Laufen hat mir die Freiheit gegeben in meinem eigenen Tempo zu joggen. Im „Niko-Niko-Tempo“, wie Tanaka schreibt („ni-ko-ni-ko“ heißt „lächeln“ auf Japanisch).
Suche dir also auch eine Sportart aus, die du noch lange ausführen kannst. Sie sollte dir Spaß machen und einfach sein. Außerdem solltest du die Möglichkeit haben sie regelmäßig auszuführen.
3. Trainiere regelmäßig und mit der richtigen Intensität
Hast du einmal einen Ausdauersport gefunden hast, der dir Spaß macht, dann versuche regelmäßig dabei zu bleiben.
Wenn du schon länger Sport treibst, aber vielleicht aus beruflichen Gründen oder aufgrund eines längeren Urlaubs dein Ausdauertraining irgendwann mal ausgesetzt hast, dann kennst du dieses Phänomen:
Du fängst wieder an zu trainieren und es kommt dir so vor, als ob du bei Null startest. Du brauchst einige Zeit, um wieder an deinem letzten Leistungsniveau aufzuschließen.
Gerade die Leistungsfähigkeit im Ausdauerbereich lässt schnell nach. Wenn du nicht regelmäßig bei der Sache bleibst, sinkt sie ganz schnell wieder ab.
Regelmäßige Bewegung ist auf jeden Fall wichtiger, als die Intensität des Ausdauersports. Trotzdem solltest du dich nicht ständig nur unterfordern.
Du musst zwar keine sportlichen Rekorde aufstellen, oder gleich einen Marathon laufen (das geht über Fitness hinaus), aber der Puls sollte schon etwas in die Höhe gehen.
Die Nordic-Walking-Stöcke mitnehmen, aber dann im Flaniertempo durch den Wald schlendern ist nicht sportlicher als ein langsamer Spaziergang. E-Bikes verfügen über mehrere Unterstützungsmodi – nur mit voller Unterstützung im Turbomodus fahren bringt auch nichts. Ja, jede Bewegung zählt – aber Ausdauersport ist das nicht. Lieber etwas mehr Eigenleistung als zu wenig. Bleib sportlich beim Sport.
Um die Leistung im Ausdauersport nachzuhalten empfiehlt es sich den Puls zu messen. Das geht mittlerweile mit den Smartwatches und Sportuhren schon am Handgelenk ziemlich genau, ganz ohne Brustgurt.
Die allgemeine Empfehlung liegt bei einem Trainingspuls von 180 minus dem Alter. Bei 55 Jahren wäre das also ein Trainingspuls von 125. Wenn du absoluter Anfänger bist, dann halte dich besser daran.
4. Übertreibe es nicht
Sehr viele über 50 treiben keinen regelmäßigen Sport. Vielleicht mal eine kleine Wanderung im Urlaub, oder eine Radtour zum Biergarten im Sommer. Aber richtig sportlich sind sie eigentlich nicht.
Manche sind sportlich. Gehen regelmäßig vielleicht schwimmen und ins Fitnessstudio.
Einige übertreiben es aber direkt. Sie sind vom Sportfieber gepackt. Frei nach dem Motto: Wenn ein wenig gut ist, dann ist mehr besser.
Ist es aber nicht.
Die Regenerationsfähigkeit des Körpers kommt an schnell an ihre Grenzen.
Wenn du dich so umschaust könntest du denken, dass Extremsport zur Norm geworden ist. Es gibt immer mehr Ultrarunner, also Läufer die weit über die 42 km eines normalen Marathons laufen. Das hat alles nichts mehr mit Fitness zu tun.
Wollen wir nicht vergessen, dass der erste Marathonlauf im 5. Jahrhundert v. Chr. tödlich ausging. Der Bote, der die Nachricht über den Sieg in das 42 km entfernte Athen brachte fiel vor Erschöpfung einfach um. Und ich glaube nicht, dass er das 50. Lebensjahr schon überschritten hatte.
Übertreibe es also nicht. Höre auf deinen Körper. Trainiere nie in den Schmerz hinein oder sogar darüber hinaus. Es gibt z. B. genügend Läufer, die Schmerzmittel nehmen, nur damit sie ein künstlich festgelegtes Leistungsziel erreichen. Das untergräbt jegliches Gesundheitsziel. Sei schlauer.
Fazit
Gerade über 50 ist es sinnvoll fit zu bleiben – auch wenn viele keinen Sport treiben. Denn jetzt wird der Grundstein für ein langes, selbständiges Leben gelegt. Selbst wenn du vorher nicht sportlich warst, kannst du vom regelmäßigen Fitnesstraining profitieren. Zu spät ist es nie.
Fitness macht zudem noch attraktiv und kann sogar nachweislich den Alterungsprozess verlangsamen. Das siehst du nicht nur im Spiegel, sondern du merkst es auch im Kopf.
Es gibt jedoch einige Dinge, auf die du achten solltest. Denn schließlich hast du mit 50 andere Ziele als ein 20jähriger. Du möchtest einen fitten und belastbaren Körper (der sich als Bonus auch noch am Strand sehen lassen kann).
Am effektivsten ist ein Fitnessprogramm, das aus Kraft- und Ausdauersport besteht. Achte im Kraftsport jetzt mehr denn je darauf, dass du dich gründlich aufwärmst, um Verletzungen am Bewegungsapparat zu vermeiden.
Vergleiche dich nicht mit anderen – mache einfach dein Ding. Du trainierst für dich und deinen Körper. Versuche mehr auf deinen Körper zu hören und aktiv die Muskelarbeit zu spüren. So erhältst du das richtige Feedback vom Körper.
Es bringt nichts einfach nur das Training abzuspulen, ohne es geistesgegenwärtig zu steuern. Lenke die Aufmerksamkeit ganz auf das Training. Das hat zudem den Vorteil, dass du gar nicht mit sehr hohen Widerständen trainieren musst, um die gleichen Trainingseffekte zu erzielen.
Gerade die Regenerationsfähigkeit lässt im Laufe des Lebens langsam nach. Ersetze daher ein Split-Training durch ein Ganzkörpertraining. So kannst du deine Belastung und die Regeneration besser steuern und kommst nicht gleich in Verzug, wenn du mal eine Trainingseinheit ausfallen lassen musst.
Denke daran, dass jede Bewegung zählt! Bewegungsmangel kann vorhandene Entzündungen im Körper weiter vorantreiben, und somit zu sämtlichen Zivilisationserkrankungen beitragen.
Suche dir eine Ausdauersportart, die du gerne machst. Sie sollte einfach und regelmäßig auszuführen sein. Trainiere am besten pulsgesteuert und übertreibe es nicht. Du sollst schließlich für eine lange Zeit Spaß am Training haben.
Top Artikel,was ich voll unterstreichen kann. Hab dir schon mal geschrieben,das ich mit Ganzkörper am besten fahre. Aber die Gefahr ist halt,das man zu intensiv trainiert,was auch bei mir oft der Fall ist. Angenommen du schaffst mit einen Gewicht 30 WH ,wenn du bis zum maximum gehen würdest,wo würdest du den Satz beenden? Angenommen du machst mit diesem Gewicht 3 Sätze von einer Übung. Wie würden deine WH aussehen,Satzpausen etc. Würde mich interessieren. LG Karl
Hallo Karl,
danke für dein Kommentar. Wenn es um den Zeitpunkt geht, wann ich den Satz abbreche, dann ist mein Körpergefühl entscheidend.
Du musst dir immer vor Augen führen, dass Muskelaufbautraining ein neuromuskulärer Prozess ist. Salopp gesagt interessiert es dem Gehirn ja nicht, ob du 20 Wiederholungen machst oder 50. Ob das Gewicht 10 Kilo beträgt, oder 20 Kilo. Oder ob du 3 Sätze machst, oder 4. Entscheidend ist einzig und alleine, dass du die Zielmuskulatur ausreichend erschöpfst.
Jemand wie du, der schon lange dabei ist und die entsprechende Genetik mit sich bringt, kann die Zielmuskulatur hervorragend ansprechen. Ich könnte dir eine 5-kg-Hantel für Curls geben und du könntest das Gewicht wahrscheinlich bis morgen bewegen. Aber wenn ich dir sage, du sollst deinen Bizeps über den gesamten Bewegungsumfang voll kontrahieren und in der Negativbewegung noch den Trizeps anspannen, dann schaffst du weitaus weniger Wiederholungen.
Diese „Kontraktions-Kontrolle“ ist der entscheidende Faktor. Ich versuche sie entsprechend hoch zu halten. Irgendwann merke ich, dass die Qualität der Kontraktion nachlässt, die Bewegung wird langsamer etc. Dann breche ich den Satz ab.
Der Witz ist ja, dass mit wachsender Trainingserfahrung weniger Gewicht notwendig ist, wenn die Kontraktion entsprechend hoch ist. Denn als „Trainings-Oldie“ sind deine Muskeln besser innerviert. Vielleicht hilft es daran zu denken, wenn du zu intensiv trainierst.
Was die Satzpausen angeht: Meiner Erfahrung nach gibt es da kein Optimum. Ich versuche nur die Sauerstoffschuld nicht zu hoch zu treiben, daher mache ich beispielsweise beim Beintraining eine längere Pause als bei der Schulter usw.
Aber Karl, wenn ich dich so anschaue, dann machst du ja offensichtlich alles richtig. Wo ist denn bei dir der Punkt, dass du den Satz abbrichst?
LG
Meik
Hi Mike. Habe deine Antwort leider erst jetzt gesehen. Nun,ich für mich konnte feststellen,das ich mich am besten im allgemeinen fühle,wenn ich bei einer Übung zb 3 Sätze mache,wo zb.40 WH das Muskelversagen wäre,ich den ersten Satz bei 35 Wh beende. Meist mache ich nach ca.45 sec Pause einen Satz für eine antoganistischen Muskelgruppe,nach selben Schema. Es kommt auch vor das ich für eine Muskelgruppe nur 1 Satz je Übung mache,dafür 3 bis 4 Übungen. Jedes Training ist bei mir fast anders. Wird zb.die Brust am Montag mit Bankdrücken zu 30 Wh Trainiert,so könnte Mittwoch fliegende,und Freitag Liegestütze mit Gewichtsweste am Programm stehen. Wenn ich zu nahe ans Muskelversagen gehe,fühle ich mich den ganzen Tag müde und platt,habe eine etwas Käsige Gesichtsfarbe,schlafe schlecht etc. Habe ich beim Training die richtige Intensität erwischt,wo meine Atmung zwar erhöht ist,ich aber nicht in einer zu grossen Sauerstoffschuld komme,fühle ich mich super,voll Energie,und könnte nach ein paar Stunden nochmals das selbe Training schaffen. Habe eine gut durchblutende Gesichtsfarbe. Und da ich schon Mitte 50 bin,merke ich das durch dieses richtige Training meine Potenz enorm profitiert. Trainiere ich zu intensiv,tritt das Gegenteil ein. Meist zähle ich gar keine WH mehr,und konzentriere mich nur auf die Kontraktion. Mein letztes Training sah zb so aus. Bankdrücken mit 65 kg 30 Wh im Supersatz mit Rudern mit Langhantel 50 kg irw.zwischen 30 bis 40 Wh. Nach ca 90 sec Satzpause geht’s in die 2 Runde. Ich machte je 4 Sätze,wobei im jeden Satz die WH um ca 3 sank. Ich achte auf kontrollierte Ausführung,je WH ca 5 Sec . Dann folgte eine Isoübung für die Schultern ( seitheben) ,die ich nur mit 7 kg absolviere. Dafür halte ich oben die Kontraktion für 2 Sec ca,. Nach 3 Sätzen a 30 bis 20 Wh sind die Schultern extrem aufgepumpt. Dann folgt 1 Satz Beinstrecken ca 50 Wh,1 Satz 35 WH Kniebeugen,1 Satz Ausfallschritte,sowie 1 Satz beuger. Dazwischen ca.1 Minute Pause. Auch hier breche ich den Satz ab,wenn die Wiederholungsgeschwindigkeit nachläßt. Bizeps 1 Satz beidseitige Kurzhantelcurl mit nur je 10 kg. Dafür langsame Ausführung,mit Spitzenkontraktion. Nach 45 Sec geht’s zum Trizepsdrücken mit SZ zur Stirn. Schön langsam die negative. Das brennen hat sich gewaschen. WH zähle ich hier nicht,dürften bei dieser langsamen Ausführung ca.bei 25 WH liegen. 1 Satz Konzentrationscurl ,und 1 Satz Trizepsmaschine mit bis zu 50 Wh beenden das Training. Nach je 2 Sätzen sind meine Arme so aufgepumpt,das ein dritter Satz keinen Sinn mehr machen würde. Nach diesen Training ,das ca.1 Stunde mit Aufwärmen dauerte,fühlte ich mich Bombe dh.den ganzen Tag voll Energie. 1 mal in der Woche mache ich schwereres Training dh.ca 12 Wh je 4 Sätze von 4 Grundübungen,aber 2 Wh vorm Versagenspunkt. Das nächste Training ist wieder ein leichtes bzw.mit leichten Gewichten. Diese Vorgehensweise hat mir persönlich nur Gewinne gebracht,vor allem in der Lebensqualität,und Tiefen Schlaf. Vor allem keine Verletzungen oder Zipperlein. Die meisten Trainieren einfach zu intensiv,zu schwer,ohne den Muskel zu treffen. Unsinnige 5er Splits mit zu hohen Volumen. Brachte mir nie etwas. Hoffe es ist nicht zu lange geworden. MfG. Karl
Hallo Meik, erstmal ein großes Kompliment an Deine Seite. Ich bin Mitte 40 und trainiere endlich seit fast einem Jahr wieder regelmäßig im Homegym. Dabei konzentriere ich mich fast ausschließlich auf Grundübungen mit Lang- und Kurzhanteln.
Früher mit 20 habe ich die selben Fehler gemacht: Zu viel und zu intensiv, dafür zu unregelmäßig trainiert. Ohne Muskelversagen und ordentlichen Muskelkater schien mir das Training nicht effektiv genug zu sein. Hätte ich damals mit der Intelligenz und dem Wissen von heute trainiert, wäre ich sicher auf einem anderen Level. Durch Kind, Firma und andere Verpflichtungen ist mir momentan ein Training 3-4 mal pro Woche möglich. Klar man kann jeden Tag irgendwie 10-20 Minuten unterbringen, jedoch muss man in meinem Alter erst recht die Zeit für die Erwärmung dazuzählen. Da komme ich zu meinen Fragen:
Du meinst ja, viele Wiederholungen mit leichtem Gewicht und das so oft pro Woche wie möglich führen ebenso zu Muskelaufbau. Das ist in gewisser Weise wissenschaftlich auch untermauert. Nur wird in Studien immer auf das Muskelversagen hintrainiert. Damit steht die Regeneration wieder im Weg, jeden Muskel täglich zu trainieren. Das würde ja bedeuten, dass tägliche Liegestützen und Kniebeugen mit dem Körpergewicht zu erwähnenswerter Hypertrophie führen könnten. Wäre es nicht sinnvoller, hauptsächlich mit weniger Wiederholungen (6-15), mit ausreichend schwerem Gewicht und ohne Muskelversagen zu trainieren und somit bei geringerem Aufwand, weniger Sauerstoffschuld und höherer muskulärer Spannung mehr oder zumindest genauso viele Resultate zu erzielen? Eine saubere und verletzungsfreie Technik natürlich vorausgesetzt. Wie sieht es aus mit der Erhöhung der Knochendichte? Können das leichte Gewichte ebenso leisten? Wie sieht es aus mit der Kraft? Kann man „stark“ werden/sein/bleiben, wenn man nur mit leichten Gewichten trainiert?
Natürlich wird der Muskel auch durch Abwechslung in anderen Wiederholungsbereichen immer wieder neu stimuliert. Wäre man mit Änderung der Wiederholungszahlen alle paar Wochen nicht noch erfolgreicher? Wie ist Deine Meinung dazu?
Hallo Chris!
Vielen Dank für dein Kommentar. Ich glaube, ich könnte mit den Antworten zu deinen Fragen ein ganzes Buch füllen. Daher erst einmal eine „Kurzfassung“.
Was mir vorweg auffällt wenn ich dein Kommentar lese, ist, dass du dich anscheinend sehr mit Trainingswissenschaft beschäftigt hast. Was wir oft vergessen: Die Trainingswissenschaft steckt noch in den Kinderschuhen und hat viel weniger Aussagekraft für unser Training, als wir allgemein annehmen. Gerade im Internet werden Trainingsratschläge gerne mit Studien belegt, um an eine Autorität zu appellieren. Wenn ich mir dann aber die Studien näher anschaue, erkenne ich oftmals, dass sie solche praktischen Ratschläge kaum rechtfertigen. Ich wäre also vorsichtig zu sagen, dass etwas „wissenschaftlich untermauert“ ist. Gute Körper gab es schon vor der Trainingswissenschaft, schon seit den alten Griechen. Wir sind also noch immer eher auf Erfahrungswissen angewiesen und leider von einem wirklichen „science-based“-Training meilenweit entfernt (auch wenn das im Internet anders vermarktet wird).
Zu deinen Fragen:
Das in Studien immer bis zum „Muskelversagen“ hin trainiert wird, hat einen bestimmten Grund. Nur so können sie (scheinbar) objektiv die Trainingsintensität miteinander vergleichen. Das ist aber ein großes Manko dieser Studien. Denn „Muskelversagen“ ist kein objektiv, physiologischer Punkt. Auch die Begrifflichkeit ist alles andere als konkret. Meine Erfahrung ist, dass du auch einen Stimulus setzen kannst, ohne bis zum „Muskelversagen“ zu trainieren, sondern nur bis zu einer hohen Erschöpfung des Zielmuskels. Das gilt für alle Wiederholungsbereiche.
Klar kannst du mit 6 bis 15 Wiederholungen und schweren Gewichten trainieren. Ich halte es nur für Hardgainer oder für Trainierende über 50 nicht gerade für sinnvoll. Es kommt also immer auf die Zielgruppe an. Generell gilt übrigens: Es kommt nicht auf das Gewicht auf der Hantel an, sondern wie gut du die Muskeln innervieren kannst! Du kannst auch mit einer 2-Kilo-Hantel deinen Bizeps vollkommen erschöpfen, wenn du genügend stark und intensiv die Muskeln ansprechen und kontrahieren kannst. Darauf kommt es an. Das Hirn steuert die Muskeln, nicht das Gewicht! Wenn du so trainierst, dann kannst du selbst mit Kniebeugen und Liegestützen sehr weit kommen. Die meisten nutzen dies aber nicht aus. Sie brauchen schwere Gewichte quasi als Krücken, damit die Muskeln kontrahieren.
Was die Knochendichte angeht: Für den Alltag sind alle Gewichte im Bodybuilding schwer und haben dadurch einen gewissen Effekt. Ob du nun 8 oder 30 Wiederholungen machst. Ich würde mir darüber keine Gedanken machen. Viel wichtiger ist, dass du konsequent am Ball bleibst. Auch im Alter.
Zum Thema Kraft: Das ist ein anderes Ziel. Kraft baust du tatsächlich eher mit schweren Gewichten und hohem Volumen auf. Das hohe Volumen schaffst du dadurch, dass du das schwere Gewicht oft und niemals bis zum Muskelversagen bewegst. Kraft ist eher eine Fertigkeit, die gelernt werden muss. Sie ist auch sehr spezifisch. Wenn du viel Kreuzheben machst, bist du halt stark im Kreuzheben. Wenn du viel Bankdrücken machst, bist du stark im Bankdrücken etc. Meine Frage wäre also: Wofür brauchst du die Kraft? Eine „Alltagskraft“ kannst du auch mit normalen Bodybuilding erhalten. Dafür brauchst du keine besonders schweren Gewichte. Wenn du Powerlifter bist, sieht das anders aus.
Zu dem Wechsel der Wiederholungszahlen: Es kommt nicht auf die bestimmte Wiederholungszahl an, nicht auf das Gewicht der Hantel, sondern darauf, dass du den Muskel erschöpfst. Das ist ein interner Prozess, der sich nicht durch Zahlen beziffern lässt. Wie du das anstellst, ist egal. Ich bin für Einfachheit und gegen eine ständige Periodisierung des Trainingsplans. Das führt häufig zu einer „paralysis by analysis“.
Ich hoffe das reicht für den Anfang. Wie gesagt, damit lässt sich ein ganzes Buch füllen.
Hallo Meik, danke für deine Antworten. Im Grunde sind wir uns einig, dass die Studienlage sehr mager ist und viele kommerzielle Seiten sich die ein oder anderen Ergebnisse zum Zwecke der Vermarktung zurecht legen, um „die neuen Erkenntnisse“ zu präsentieren. Aus dem Alter bin ich auch lange raus, dass ich Programme aus der Flex nachtrainieren würde.
Mein Ziel ist es, dem sitzenden Büroalltag etwas entgegenzusetzen. Meine Tochter wird auch immer größer und will toben. Da will ich nicht zu den Vätern gehören, die sagen „lass mal bitte, ist mir zu anstrengend“.
Je älter man wird, desto bewusster wird einem der bequeme Lebensstil, den alle führen. Wenn ich nicht jeden Tag 8 Stunden mit dem Presslufthammer arbeite oder schwere Steine von A nach B und Überkopf hebe, muß eben eine andere Belastung her, die einen möglichst lange fit hält.
Das sollte dann jedoch so effektiv wie möglich sein, denn viel Zeit hat man in meinem Alter in Bezug auf Muskelaufbau nicht, um nur herumzuprobieren und letztlich mit einer durchschnittlichen Grundfitness, die jeder Handwerker in die Tasche steckt, auf der Stelle zu treten.
Hi Chris,
da sind wir in einer ähnlichen Lebenssituation. Aus Zeitgründen trainiere ich auch meistens im Home Gym. Es spricht auch wirklich nichts gegen ein effektives Ganzkörpertraining 3 x die Woche. Das ist nicht umsonst der Klassiker aus einer Zeit, bevor chemisch nachgeholfen wurde. Wenn du damit gut klarkommst und vor allem Spaß dabei hast, dann würde ich daran nichts ändern. Man muss das Rad ja nicht andauernd neu erfinden.